Eine weitere Geschichte aus dem ATELIER MIT SEELE zum Thema
Wozu sind Bilder da und kann jemand von ihnen niesen?
Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wissen Sie, dass ich mein ganzes Leben lang kreiere? In den vergangenen Ausgaben der Zeitung habe ich geschrieben, warum ich immer wieder Mohnblumen male, bis ich den Spitznamen „Mohn-Püppchen“ bekommen habe. Aber eigentlich habe ich mich nie wirklich mit dem berühmten „Kern der Sache“ beschäftigt, also warum ich male. Es erschien mir selbstverständlich, da bei uns die Farben ständig auf dem Tisch standen. Es gab keinen Grund, darüber nachzudenken.
Erst vor Kurzem. Zu meinem Atelier mit Seele kam ein kleines Mädchen mit ihrer Mutter zu Besuch, um kreativ zu sein. Und plötzlich stellte mir die fünfjährige Sara die Frage: „Warum malst du eigentlich? Und wozu sind Bilder überhaupt da?“ Die Antwort, die ich Sara gab, möchte ich auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, mitteilen.
Zu Beginn muss ich ehrlich sagen, dass ich einen Moment innehielt. Die Frage war ganz anders als alle bisherigen. Meistens fragt man mich, womit ich male oder wie lange ich an diesem Bild gearbeitet habe – diese Frage mag ich am wenigsten von allen. Aber nach dem eigentlichen Kern hat mich bisher noch niemand gefragt.
Ein Bild ist für mich eigentlich eine Energiequelle, wie eine leckere Konfitüre im Glas.
Finden Sie es auch schade, dass der Sommer vorbei ist? Lieben Sie den Duft der Sommerwiese, das Summen der Insekten und den Wind im Rücken? Schon als Kind habe ich darüber nachgedacht, wie man ein Stück Sommer konservieren und im Winter griffbereit haben kann. Wie man diese Schönheit mit nach Hause nimmt, am besten in einen Koffer oder ein Glas steckt. Wir haben schon ausprobiert, wie traurig abgepflückte Blumen von der Wiese sind, die im Blumenstrauß den nächsten Morgen nicht überleben. Also habe ich verschiedene Talismane mit nach Hause gebracht – Kieselsteine von Flüssen, Federn, einfach alles, was ich im Sommer auf meinen Streifzügen durch die Natur gefunden habe. Ich wollte ein lebendigeres Bild schaffen, ein BILD DES SOMMERS.
Ich habe auch die Arten von Blumen, Gräsern und Insekten beobachtet und bestimmt. Alle Ausflüge in die Natur habe ich sorgfältig in meinem Gedächtnis bewahrt.
Es war also einfach, sie später wieder ins Gedächtnis zu rufen und auf die Leinwand „zu werfen“. Die Atmosphäre einzufangen, das ist das Entscheidende. Oft male ich direkt draußen, unter einem Baum. Schon während des Farbprozesses lassen sich kleine Fliegen und Insekten täuschen, die neugierig auf die Leinwand landen. Und manchmal bleiben sie dort, zu ihrem Unglück. Wenn Besucher zu mir kommen, um ein Bild abzuholen, höre ich oft: „Ich kann den Duft richtig riechen“ oder „Ich sehe sogar die Insekten“… /Ich lache/… Ich fange den Sommer auf der Leinwand ein. Es freut mich, wenn das Bild Zuhause Wärme spendet. Meistens kaufen Kunden das Bild nicht, um zu wissen, wie ein Feld mit blauen Kornblumen und roten Mohnblumen aussieht oder wie Margeriten und rosa Leimkraut aussehen /wir nannten es zuhause „Hahnchen“/. Sondern als eine Art Energiespeicher und Wärmequelle, die auch im Winter wärmt.
Mich sprach neulich eine ältere Dame an. Sie sagte, sie habe schon lange nach einem Bild gesucht, das sie an die unbeschwerte Jugend und die Sommertage erinnert, als sie hinter den Scheunen herumgelaufen ist... Im Atelier suchte sie sich mein meistverkauftes Bild aus – den GAUČOVÝ BILD... /darüber haben Sie ja auch schon gehört/. Wir brachten der Dame das Bild und mein Mann befestigte es sogar an ihrer Wand.
In dem Moment verwandelte sich das kleine Zimmer in der Einzimmerwohnung in etwas Erhabeneres. Über dem Sofa, das nachts als Bett und tagsüber als Couch dient, entstand wie durch einen Zauberstab geschwungene eine blühende Blumenwiese. Nach einigen Momenten der Freude verabschiedeten wir uns.
Bald darauf traf ich die Dame wieder und wir unterhielten uns. Sie sagte mir, dass sie das Bild abends abnehmen und im Flur aufbewahren müsse. Ich verstand nicht warum. „Ist etwas nicht in Ordnung?“ „Nein, nein, das Bild ist wunderschön, aber ich glaube, ich habe eine Allergie dagegen. Wenn ich es anschaue, muss ich danach niesen.“ Zurückgeben wollte sie es aber nicht. Sie meinte, das würde sich legen.
Aber damit Sie nicht denken, ich begrüße den Winter nicht. Das tue ich sehr wohl. Die Natur braucht einfach eine Pause.
Mensch, so ein Schnee hat ja richtig schöne Lichtreflexe. Ich wünsche Ihnen einen schönen Winter, und wenn der erste Schnee fällt, schauen Sie abends mal, welche Farbe er hat.
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Jarka Papežová, Ateliér s duší